Kredit zur Schuldentilgung: Alte Schulden mit neuen bezahlen?

Lebenssituationen, in denen laufende Verbindlichkeiten nicht mehr bedient werden können und Schulden sich anhäufen, können ebenso plötzlich wie unverschuldet eintreten.

Relativ selten ist übersteigertes Konsumverhalten der Grund für finanzielle Schwierigkeiten. Viel häufiger sind es Ereignisse wie eine unvermutet auftretende Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit durch einen Unfall oder der Wegfall vom Einkommen des Hauptverdieners durch eine schwere Krankheit.

Oft verschließen Betroffene zunächst die Augen vor dem drohenden finanziellen Kollaps.

Wird ihnen die Ernsthaftigkeit ihrer Lage bewusst, weil unbezahlte Rechnungen sich stapeln, Mahnbescheide ins Haus flattern, Pfändungsmaßnahmen eingeleitet werden und der Gerichtsvollzieher vorspricht, beginnt die Suche nach Notlösungen.

Viele Menschen in prekären finanziellen Verhältnissen versuchen, bestehende Schulden mit neuen Krediten zu tilgen.

Manchmal wird sogar versucht, neue Kredite aufzunehmen, nur um die monatlichen Raten für Altschulden noch aufbringen zu können.

Abgesehen davon, dass eine zusätzliche Kreditaufnahme aus eigener Kraft so gut wie unmöglich ist, führt sie auch niemals zum Erfolg. Zusätzliche Kredite zur Tilgung von bestehenden Schulden, also um Schulden zu begleichen, führen so gut wie immer direkt in die Schuldenfalle.

Umschuldung zur Schuldentilgung ungeeignet

Hin und wieder liest man den Rat, Schulden mithilfe einer Umschuldung abzubezahlen. Ein solcher Rat erweist sich regelmäßig als nicht besonders hilfreich.

Ein Beispiel:

Geschuldet wird eine Restschuld in Höhe von 10.000 €. Da trotz Mahnungen nicht gezahlt wurde, hat der Gläubiger einen Titel erwirkt.

Das Urteil oder der Vollstreckungsbescheid bezieht sich nicht nur auf die Restschuld. Einbezogen werden in die Vollstreckung auch Nebenforderungen, die bis dahin entstanden sind. Das sind zum Beispiel aufgelaufene Zinsen und Gerichtskosten.

Wir nehmen einmal an, dieser Betrag beläuft sich auf 2.000 €, ein realistischer Betrag, wenn ein Gerichtsverfahren durchgeführt worden ist.

Der Schuldner benötigt also wenigstens 12.000 €, um den ursprünglichen Kredit nebst Kosten „umzuschulden“ und auszugleichen.

Die ganze Aktion hat also keinen Pfennig an Schuldenreduzierung gebracht. Vielmehr sind jetzt Zinsen und Tilgung auf einen höheren Kreditbetrag zu leisten.

Abgesehen vom mangelnden wirtschaftlichen Effekt, werden Schuldner titulierter Forderungen kaum die Möglichkeit haben, einen Umschuldungskredit aufzunehmen.

Sie benötigen eine weitere Person mit ausreichender Bonität, die die Kreditaufnahme für sie erledigt, und zwar allein, ohne dass der Schuldner gegenüber der Kreditbank überhaupt in Erscheinung tritt.

Gegen wen titulierte Forderungen vorliegen, der verfügt über eine miserable Bonität.

Tritt er gegenüber einer Bank in Erscheinung, wird also der Weg über eine Bürgschaft oder eine Mitunterzeichnung durch Dritte gewählt, erschwert dies nur die Kreditaufnahme und führt bestenfalls zu schlechteren Konditionen.

Wer aber wird bereit sein, in solchen Fällen Kredite für eine andere Person aufzunehmen? In der Regel sind es Verwandte, in erster Linie wird es der Ehepartner sein.

Welche unangenehmen Situationen daraus entstehen können, ist leicht vorstellbar.

Umfinanzierung zur Verringerung der monatlichen Kreditbelastung

Anders zu beurteilen ist eine Umschuldungsmaßnahme, um durch Verringerung monatlicher Kreditraten finanziellen Spielraum zu gewinnen.

Auch hier führt die Umschuldung selbst nicht zur Schuldentilgung. Lediglich die monatliche Belastung wird reduziert. Zwei Beispiele sollen dies verdeutlichen:

Neben einem Ratenkredit besteht noch ein Negativsaldo aus einer revolvierenden Kreditkarte. Zusätzlich ist der Disporahmen ausgeschöpft. Der Kreditnehmer ist nicht zahlungsunfähig. Er kann aber die Zinsbelastungen aus dem Kreditkartensaldo und dem Dispokredit nicht mehr vollständig abdecken.

Hier empfiehlt sich eine Umschuldung des Kreditkartensaldos und des Dispokredits in einen Ratenkredit mit möglichst kurzer Laufzeit. Gegebenenfalls kann der bestehende Ratenkredit einbezogen werden, sofern das neue Darlehen deutlich günstigere Zinskonditionen bietet.

Etwas anders liegt der Fall, wenn beispielsweise die Raten für einen Hauskredit die finanzielle Leistungsfähigkeit des Kreditnehmers übersteigen.

In einem solchen Fall kann versucht werden, in ein Darlehen mit einer längeren Laufzeit (Zinsbindungsfrist) umzufinanzieren, wenn eine Umschuldung in einen günstigeren Kredit mit gleicher Laufzeit allein nicht ausreicht.

Durch eine Laufzeitverlängerung verringert sich die monatliche Belastung. Es erhöhen sich aber die Gesamtkosten des Kredits. Durch eine Laufzeitverlängerung allein werden Schulden niemals getilgt.

Umschuldungsmaßnahmen zur Verbesserung des finanziellen Spielraums sind in der Regel nicht mehr durchführbar, wenn ein Titel vorliegt.

Sie müssen also rechtzeitig angegangen werden. Dazu muss nicht unbedingt ein neuer Umschuldungskredit bei einem anderen Kreditgeber aufgenommen werden.

Viele Banken erklären sich zu einer Laufzeitverlängerung und damit zu einer Verringerung der monatlichen Kreditraten bereit, wenn bei ihren Kunden finanzielle Engpässe auftreten.

Schuldenregulierung statt Kredit zur Schuldentilgung

Wer in eine finanzielle Schieflage geraten ist, und die eingegangenen Verbindlichkeiten einfach nicht mehr bedienen kann, der darf seinen Kopf nicht in den Sand stecken. Je früher er das Thema Schuldenregulierung angeht, desto besser.

Natürlich kann er seine finanziellen Belange selbst in die Hand nehmen. Doch das ist in den überwiegenden Fällen reine Theorie. Sehr oft befinden sich überschuldete Menschen selbst in einer viel zu schwachen Position, um mit Gläubigern verhandeln zu können.

Wir empfehlen den Gang zu einer Schuldnerberatungsstelle – und zwar so früh wie möglich. Eine Alternative ist die Einschaltung eines Anwalts, der sich auf Schuldenregulierung spezialisiert hat.

Tipp: Zeigen Sie sich bereits während des ersten Besuchs beim Schuldenregulierer informiert und nehmen Sie alle Unterlagen über Ihre Verbindlichkeiten und Einnahmen mit.

Je mehr konkrete Angaben sie machen können, desto schneller können die erforderlichen Maßnahmen eingeleitet werden.

Hier einige Punkte, die im Rahmen einer Schuldenregulierung eine Rolle spielen.

Bestandsaufnahme: am Anfang steht der Kassensturz

Stellen Sie alle Einnahmen und Ausgaben der letzten zwölf Monate zusammen. Schätzen Sie dabei die Kosten für einzelne Positionen der Haushaltsführung: Lebensmittel, Kleidung, Freizeit usw.

Vergessen Sie nicht diejenigen Kosten, die nicht monatlich, sondern jährlich oder in anderen Zeitintervallen anfallen.

Der Schuldenregulierer wird mit Ihnen sowohl eine Reduzierung der Ausgaben als gegebenenfalls auch eine Erhöhung der Einnahmen diskutieren wollen.

Beispielsweise wird er Ihnen vorschlagen, Markenprodukte durch Hausmarken zu ersetzen, einige Versicherungsverträge zu streichen oder nach günstigeren Versicherungslösungen zu suchen.

Ein weiterer Vorschlag kann der Verzicht auf Verpflichtungen mit langer Laufzeit (zum Beispiel auf Handyverträge) sein. Oder es wird angeregt, einen günstigeren Anbieter für Telekommunikationslösungen zu suchen.

Neben einer Reflexion des Kaufverhaltens und des Ausgabeverhaltens wird der Schuldenregulierer mit Ihnen eventuell auch Möglichkeiten erörtern, Ihre Einnahmen zu erhöhen, zum Beispiel durch Nebenjobs.

Mit Sicherheit wird der Fachmann Ihnen empfehlen, genaue Aufzeichnungen über alle Einnahmen und Ausgaben vorzunehmen, und die Einhaltung der Sparvorgaben auf diese Weise eng unter Kontrolle zu halten.

Kontaktaufnahme zu den Gläubigern

Mit den zur Verfügung gestellten Unterlagen und Informationen setzen Sie den Schuldenregulierer in den Stand, Verhandlungen mit Ihren Gläubigern zu führen.

Dabei kann es um die Festsetzung einer Quote der jeweiligen Restschuld gehen, mit der sich jeder Gläubiger zufriedengeben muss.

Oder es wird eine zeitliche Streckung oder Stundung einzelner Schulden vereinbart. Möglich ist natürlich auch beides.

Gegebenenfalls wird ein Zahlungsplan mit zeitlichen Vorgaben aufgestellt, nach dem die Verbindlichkeiten beglichen werden.

Der Schuldenregulierer wird wahrscheinlich zunächst eine Einigung mit „wichtigen“ Gläubigern versuchen. Beispiele sind offene Forderungen aus Energielieferungsverträgen oder aus Hausfinanzierungen.

Im Rahmen einer Schuldenregulierung können Umschuldungsmaßnahmen und Neuabschlüsse bei Krediten in Einzelfällen sinnvoll sein.

Kommt eine Einigung mit den Gläubigern zustande, kann eine Privatinsolvenz abgewendet werden.

Fazit: Schuldenabbau statt neuer Kredite

Eine Kreditaufnahme, um Schulden zu bezahlen, dient nicht dem Schuldenabbau. Im Gegenteil: In der Regel erhöhen sich dadurch die Verbindlichkeiten.

Umschuldungsaktionen sind ebenfalls kein Mittel zum Schuldenabbau.

Sie sind sinnvoll wenn dadurch Kreditkosten eingespart werden können, weil der für die Restschuld aufzunehmende Kredit günstiger ist als der ursprüngliche Kredit.

Umschuldungen bieten sich darüber hinaus an, wenn damit die monatlichen finanziellen Belastungen gesenkt werden können. Neben dem Abschluss eines Kredits mit niedrigeren Zinsen in Höhe der Restschuld kann dies durch Verlängerung einer Laufzeit erreicht werden.

Voraussetzung ist allerdings, dass der Kreditnehmer die niedrigeren neuen Raten ohne weiteres aufbringen kann.

Umschuldungsmaßnahmen allein führen niemals zur Verringerung der Schuldenlast.

Können die, gegebenenfalls durch eine Umschuldung verringerten, monatlichen Belastungen nicht mehr aus den Einkünften gedeckt werden und liegen auch keine Geldreserven vor, sind die Voraussetzungen für eine Überschuldung gegeben.

Unter solchen Umständen ist die sofortige Einschaltung einer professionellen Schuldnerberatung zu empfehlen, bevor einem die Schulden vollständig über den Kopf wachsen.

Aber Vorsicht bei Schuldnerberatung bzw. Schuldensanierungen aus dem Internet. Häufig können die Anbieter eine echte Schuldensanierung gar nicht durchführen, sondern versuchen, überteuerte Kredite unterzubringen.

Schuldnerberatungsstellen findet man vor Ort. Sie werden von Wohlfahrtsverbänden, Verbraucherzentralen und manchmal auch Kommunen angeboten.